Brent und WTI - Daytrading mit Erdöl

Ölbohrplattform

Wenn Sie sich mit dem Daytrading oder der Börse beschäftigen, werden Sie in Artikeln oder Fernsehberichten zu Rohstoffen früher oder später die Begriffe "Brent" und "WTI" hören. Was ist damit gemeint? Beide Bezeichnungen beziehen sich auf Rohöl (engl. Crude Oil), meinen aber verschiedene Sorten. "Brent" ist ein leichtes, schwefelarmes Öl, das vorwiegend in der Nordsee gefördert und daher als "Nordseeöl" bezeichnet wird.

WTI steht für "West Texas Intermediate", eine amerikanische Ölsorte. Diese Sorte ist ebenfalls leicht und schwefelarm. Dadurch lässt sie sich einfach weiterverarbeiten und zum Beispiel zur Gewinnung von Benzin verarbeiten. WTI ist derzeit billiger als Brent. Dies liegt an einem höheren Angebot dieser Sorte und an geringeren Förderkosten.

Bis ins Jahr 2011 war die Preisdifferenz zwischen diesen beiden Sorten immer recht konstant und hat nur wenig geschwankt. Händler haben dies gerne ausgenutzt, um den "Preis Spread" zu handeln, also gegen Schwankungen in dieser Differenz zu spekulieren. Allerdings haben sich ab 2011 die Marktbedingungen geändert. Die amerikanische Produktion von WTI ist durch neue Fördertechniken wie zum Beispiel das Fracking immer weiter gestiegen, während die europäische Brent Förderung zurückgegangen ist. Die hat die Preisdifferenz stark nach oben getrieben. Neben diesen beiden Sorten wird noch das sogenannte Dubai/Oman Öl gehandelt. Der Preisbenchmark steht für das Öl aus dem mittleren Osten. Er ist vor allem im asiatischen Markt verbreitet. Dieses Erdöl ist schwefelhaltiger als Brent und WTI, das nennt man "saurer".

Die Handelseinheit für Rohöl ist das Fass, englisch "Barrel". 1 Barrel sind 158,98 Liter. Diese Einheit ist die Basis für fast alle Handelsinstrumente, die sich auf den Ölpreis beziehen. Den Handel mit Öl zählt man zum sogenannten Commodity Trading, also dem Handel mit Rohstoffen. Aus allen genannten Sorten wird in der Raffinerie dann Benzin, Diesel und Heizöl gewonnen.

  • WTI ist die amerikanische Ölsorte

  • Brent ist die europäische Ölsorte

  • 1 Barrel sind 158,98 Liter

Was bewegt den Ölmarkt?

Der Erdölmarkt wird von großen Händlern dominiert. Industrielle Investoren sichern mit Futures im Energiemarkt ihr Risiko von Preisschwankungen ab. Neben der produzierenden Industrie sind das Airlines, Stromversorger und andere Großverbraucher. Außerdem sind große Hedgefonds hier sehr aktiv, sie spekulieren auf längerfristige und kurze Bewegungen der Märkte. Private Daytrader sind in der Unterzahl. Das Ziel für uns als kleine Händler ist, sich an die Aktionen der großen Player anzuhängen. Für etwas längere Bewegungen gibt es dafür sehr hilfreiche Informationen, mehr dazu im nächsten Abschnitt.

Neben der Nachfrage- und Lagersituation können politische Ereignisse, wie zum Beispiel politische Probleme mit Saudi Arabien, Spannungen mit dem Iran, Anschläge auf Pipelines und so weiter. schnelle und heftige Einflüsse auf den Preis haben. Auch die Erwartung der künftigen Wirtschaftsentwicklung und damit des prognostizierten Ölverbrauchs müssen berücksichtigt werden. Ölhändler sollten also ganz genau auf relevante Wirtschaftszahlen schauen und die Zeitpunkte der Veröffentlichungen in der Planung des Tradingtages notieren. Kurzfristig für Bewegung sorgen gerne mal die Zahlen zu den aktuellen Lagerbeständen (engl. "crude oil inventories"), Das ist eines der Probleme für den Trader, da unerwartete Weltnachrichten, Aussagen eines OPEC Mitgliedes usw. schnelle Bewegungen im Ölpreis auslösen können.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Ölpreis hauptsächlich durch fundamentale Fakten getrieben wird. Technische Marken im Chart spielen eine eher untergeordnete Rolle und sind nur im kurzen Zeitrahmen hilfreich. Runde Preismarken wie zum Beispiel 50 Dollar werden allerdings oft in der Presse aufgegriffen "Ölpreis fällt unter 50 Dollar!", sie können als kurzfristige Unterstützung bzw. als Widerstand fungieren.

  • Der Ölmarkt wird von großen Händlern dominiert

  • Die meisten Einflussfaktoren sind fundamentaler Natur

  • Trader müssen wichtige Wirtschaftszahlen kennen

Handelsinstrumente für Öl

Crude Oil Futures werden an Terminbörsen in den USA gehandelt und in Dollar notiert, zum Beispiel an der CME (Chicago Mercantile Exchange). Momentan ist der Dollar noch die dominierende Handelswährung für Öl, auch wenn es immer wieder Bemühungen gibt, die Rolle des Euro zu stärken. Die Futures werden gerne von Großverbrauchern wie Airlines zur Absicherung des Preisrisikos verwendet. Die meisten Futures an der NYMEX (New York Mercantile Exchange, die weltgrößte Warenterminbörse) beziehen sich auf die amerikanische Ölsorte WTI. Die Handelseinheit für die Futures sind 1.000 Barrel. Die Futures werden sehr stark gehandelt und bieten damit eine hohe Liquidität und kleine Spreads für Händler.

Taschenrechner Die minimale Bewegung ("Tick") der Futures ist $0,01, ein Tick bedeutet eine Preisveränderung der Futures von 10 US Dollar. An der CME (Chicago Mercantile Exchange) gibt es darüber hinaus noch die E-mini Crude Oil Futures. Sie beziehen sich nur auf jeweils 500 Barrel WTI. Die Tickgröße ist $0.025, der Tickwert beträgt hier also $12,50 (Tickgröße * 500 Barrel). De Unterschied zu den großen Futures ist, dass hier deutlich weniger Geld für den Handel hinterlegt werden muss ("Initial/Maintenance Margin").

Für Daytrader mit kleineren Konten eignen sich neben den Mini Futures eher CFDs auf den Future. Oft beziehen sich die Kurse auf die Öl Kurse an der ICE (Intercontinental Exchange). Sie benötigen deutlich weniger Margin und bewegen sich sehr synchron zu den Bezugsinstrumenten (Underlyings), also den Ölfutures.Auch der Tickwert, also den Betrag den Sie mit der minimalen Bewegung verlieren oder verdienen können, ist deutlich kleiner. Sehr gut ist, dass man Bruchteile eines Kontrakts handeln kann, also zum Beispiel 0,1 CFD auf WTI. Ein CFD Lot entspricht 1 USD pro Cent, bei 0,1 Kontrakten ist das dann nur noch ein Zehntel. 1 Cent Veränderung im Barrelpreis sind dann nur noch 10 Cent Veränderung bei Ihnen im Konto, sowohl im Gewinn als auch im Verlust.

Das Jahr 2020 - eine zuvor undenkbare Situation tritt ein

Im Frühjahr 2020 war die Welt fest im Griff der Corona Pandemie. Die großen Aktienindizes sind eingebrochen, Firmen konnten nicht mehr arbeiten, der Individualverkehr war zum Erliegen gekommen. Dadurch gab es kaum mehr Bedarf an Öl, die Preise fielen stetig. Raffinerien mussten die Produktion einstellen, Ölfirmen gingen pleite. Und dann kam es im April 2020 zum vorher Undenkbaren: Die Öl Futures notierten im Negativen, ein Barrel WTI Öl kostet zeitweise minus 37 Dollar. Man hat also Geld bekommen, wenn man WTI gekauft hat!

Woran lag das? Zur Erinnerung: Ein Future ist die Pflicht, nicht das Recht, ein Gut abzunehmen. Das Öl muss nach dem Verfallstag abgeholt werden. Der bald verfallende Mai Kontrakt lag in den Depots vieler Trader. Ein Future (CL) bezieht sich auf 1.000 Barrel, also auf eine Abnahmepflicht von fast 159.000 Liter Öl. Allerdings waren die Lagerstätten an den Abnahmeorten voll, es gab keine Möglichkeit mehr, das Öl irgendwie zwischenzulagern. Und so versuchten die Händler panisch kurz vor dem Verfallstermin, ihre Kontrakte loszuwerden. Es gab aber kaum jemand, der auf der Käuferseite stand und so rutschte der Preis massiv ins Negative. Viele Tradingplattformen konnten das übrigens nicht mehr darstellen, kaum ein Programmierer hatte mit negativen Kursen gerechnet.


  • Der Ölhandel findet größtenteils am Terminmarkt über Futures statt

  • Die großen Futures bewegen sich um $10 pro Tick, die Mini Futures um $12,50

  • Private Daytrader mit kleineren Konten können CFDs nutzen


Hilfreiche Werkzeuge - der COT Report

Für das längerfristige Trading ist der Commitment of Traders (COT) Report ein wichtiges Hilfsmittel. In diesem Bericht werden die Positionen der großen Marktteilnehmer, also zum Beispiel Industrie, Banken, Fonds usw,, aufgelistet. Er wird von der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) jeden Dienstag um 3:30 EST (US Ostküstenzeit) veröffentlicht. Diese Parteien haben alle unterschiedliche Gründe, um am Markt aktiv zu sein. Einige sichern damit ihre Lagerbestände gegen Preisschwankungen, Produzenten sichern sich bestimmte feste Verkaufspreise in der Zukunft, Großverbraucher hingegen sichern sich Einkaufspreise und wieder andere spekulieren nur auf Bewegungen des Marktes.

Die Zahlen im Report zeigen die offenen Positionen der großen Händler an. Damit kann man zumindest abschätzen, in welcher Richtung von ihnen die mittelfristige Marktbewegung erwartet wird. Auch wenn es schwer ist zu erkennen, in welchem Zeitrahmen die Käufer und Verkäufer agieren und warum sie ihre Positionen eingehen, liefern die Daten doch wichtige Anhaltspunkte für Swingtrader und sind deswegen eine Pflichtlektüre Das Lesen des COT Reports ist nicht ganz einfach, deswegen plane ich einen eigenen Artikel dazu, der die Daten im Detail erklärt.


Der Zusammenhang mit Erdgas (NatGas)

In der Fachpresse finden Sie häufig die Diskussion des Verhältnisses von Öl- zu Gaspreis, englisch "Crude Oil to Natural Gas Price Ratio". Diese Relation wird von vielen Tradern so wichtig, dass es sogar Charts gibt, die dieses aufzeigen. Der Quotient unterliegt starken Schwankungen, seit 2000 zwischen ca. 3:1 und 55:1. Natural Gas, abgekürzt NatGas, wird wie Öl als Future an der Nymex gehandelt. Die Handelseinheit sind 10.000 million British thermal units (mmBtu). 1 MMBtu entspricht 26,4 Kubikmeter Gas. (1 Btu sind 1.055,06 Joule)

Eine Tradingstrategie sieht vor, Öl Futures zu kaufen wenn der Quotient unter einem berechneten Durchschnittswert liegt. Wenn das Verhältnis über dem Schnitt liegt, werden hingegen Erdgas Futures gekauft. Allerdings ist mit dieser Strategie 2018 ein großer Händler pleite gegangen, der große Kundengelder verwaltet hat. Durch geforderte Nachschusszahlungen haben die Kunden sogar mehr als ihre ursprüngliche Einlage verloren.


Fazit

Das Trading mit Öl, sei es im Daytrading oder im längerfristigen Zeitrahmen, benötigt einiges an Know How und ist eher für Fortgeschrittene geeignet. Wichtig ist hier, wie bei allen Handelsinstrumenten, das konsequente Begrenzen des Risikos durch entsprechende Stop Loss Limits. Wenn Sie Crude Oil handeln benötigen Sie einiges an Zeit, um sich mit den Einflussfaktoren vertraut zu machen und wichtige Wirtschafts- und Weltnachrichten zu verfolgen. Der Vorteil beim Handel ist, dass die Trends meist glatter sind als bei vielen anderen Dingen.

Der Handel mit Erdöl lässt sich wie bei vielen anderen Tradinginstrumenten risikofrei mit einem kostenlosen Demokonto ausprobieren. So können Sie sehen, ob der Handel für Sie geeignet ist und welcher Zeitrahmen am besten für Sie ist.

Pro
  • Hohe Liquidität

  • Handelsinstrumente für jede Kontogröße verfügbar

  • Oft gut handelbare Trends
Contra
  • Benötigt viel Einarbeitungszeit

  • Schnelle Bewegungen durch unerwartete Weltnews

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